Rabea Klatt

Jahrgang:1974
  
Wohnort:Lübeck

Lebensmotto: Verbindung entsteht, in dem wir wohlwollende Räume in uns  schaffen – denn gemeinsam lässt es sich heller strahlen.

Wie ist dein sportlicher Wertegang in deiner Schulzeit?

Mit Wertegang kann ich leider nicht viel anfangen – meinst Du Werdegang?
Sport in der Schule als Fach – muß ich zugeben, war keines meiner Lieblingsfächer. Alles war auf Wettbewerb und akkurate Bewegung ausgerichtet, da fand ich keinen Gefallen dran. Ich war der totale Sportmuffel.

Du bist Bewegungstherapeutin und Yogalehrerin. Wie hat sich dein Weg dorthin bewegt?
Was waren die ausschlagenden Gründe dafür diesen Weg einzuschlagen?

Ich glaube der Motivator für diesen Weg war meine eigene Krankheitsgeschichte. Ich habe jahrelang an chronischen Schmerzen und Erschöpfung gelitten und habe nach Möglichkeiten gesucht, wie ich dieses auflösen und unterstützen kann. Denn das Aufsuchen von Ärzten und auch, dass ich dort keinerlei Unterstützung und Hilfe bekam, hatte mich zunehmend frustriert. In mir wuchs dadurch stetig der Wunsch selbst ganzheitlich aktiv für meine Gesundheit zu sorgen. Das was letztendlich die großen Veränderung für mich brachten, war die Annäherung mit meinem eigenen Körper durch achtsame Bewegung wie Qi Gong, Tanz, Yoga und somatische Bewegung. Neue wissenschaftliche Arbeiten und empirische Untersuchungen in den Bereichen Trauma und Autonomes Nervensystem brachten dann den Durchbruch für mich und meine Arbeit als Therapeutin. Das was ich all die Jahre schon selbst wahrgenommen habe oder an anderen Menschen beobachten konnte, wurde hier bestätigt, besonders im Bereich chronische Krankheiten und Therapieresistenz.
Ich kann wohl sagen, dass mich meine eigene persönliche Suche auf meinen beruflichen Weg gebracht hat. Dafür bin ich mir und meinem Körper von Herzen dankbar auch, wenn diese Zeit nicht immer einfach war.

Gleichzeitig hast du auch eine Ausbildung zur Heilprakterin gemacht. Kombinierst du beides oder worauf liegt dein Schwerpunkt?

Ja auf jeden Fall. Ich unterrichte nicht nur Bewegung alles was ich tue hat einen therapeutischen Hintergrund und Ansatz. Und unser Körper besteht nicht nur aus Bewegung. Wir müssen diesen als ganzheitliche Einheit sehen, welches auch Aspekte wie Ernährung oder Schlaf mit einbezieht. Und oft braucht es auch Unterstützung von innen heraus (durch eine homöopathische oder phytotherapeutische Behandlung) in dem wir bestimmte Organsysteme unterstützen, Körperfunktionen wieder in Gang bringen und neue Impulse setzen.

Du hast als Yogalehrerin verschiedene Ausbildungen gemacht. Welche waren das und was hat dich dabei am meisten geprägt? Welche Lehrer haben dich dabei besonders inspiriert?

Ich habe meinen beruflichen Yogaweg im Yin Yoga begonnen und wollte damals unbedingt bei den großen Yin Yoga Lehrern wie Paul Grilley, Bernie Clark und Sarah Powers lernen. Ich komme ja ursprünglich aus dem Qi Gong und daher hat mich das Yin Yoga in Bezug auf seine Verbindung zur Traditionellen Chinesischen Medizin besonders angezogen. Die Yin Yoga Ausbildungen, die mich besonders geprägt haben, waren die von Paul Grilley und Bernie Clark.
Bei Paul eröffnete mir eine ganz neue Sicht auf den Körper. Ich war einfach nur hin und weg über die anatomischen Unterschiede, die unser Körper aufweist und wie wichtig ein individuelles Yoga ist. Und sein Humor waren für mich die Game Changer. Sein Humor brachte mich aus meinem „leidenden Dasein“ in den Haltungen und hat mir Kraft und Motivation gegeben für mich gut zu sorgen. Ich habe gelernt über das „kann ich nicht“ und „geht nicht“ hinauszuschauen.
Und Bernie war einfach wunderbar, weil der noch mal viel wissenschaftlichen und medizinischen Hintergrund zum Thema Faszien und Körper Anatomie mitbrachte, da kamen alle Dinge noch mal zusammen für mich. , die ich in den einzelnen Haltungen umsetzen konnte. Auch sein Ansatz aus dem Shadow Yoga haben mir gezeigt, dass es nicht „das“ Yoga gibt sondern, dass es auf mich als Lehrerin ankommt und dass ich mein Yoga gestalten kann. 

Ich habe auch eine Ausbildung im Hatha und therapeutischen Yoga mit dem Amerikaner Shy Sayer gemacht. Diese Ausbildung war für mich auch sehr wertvoll, von ihm bekam ich noch mal gutes Handwerk.

Ich bin ein Freigeist und dass auch im Unterrichten – ich will mich weiterentwickeln und am Menschen dranbleiben. Daher hat sich auch mein Unterrichten weiterentwickelt und mein Schwerpunkt auf die somatische Bewegung, das traumsensible Yoga und die Nervensystemregulation verlegt.

Welche Kursformate unterrichtest du aktuell? Unterrichtest du eher einzeln, in Gruppen oder wie Zoom / Online. Worauf liegt da dein Fokus?

Meine Arbeit ist breit gefächert – ich arbeite mit Gruppen oder auch im 1:1 Setting. Die Gruppenarbeit erstreckt sich auch auf normale Bewegungskurse live oder online, auf Kurse mit bestimmten Themen (Nervensystem, Stress, Angst) die wir bearbeiten, auf Coachinggruppen, die über einen längeren Zeitraum gehen oder auch auf Ausbildungsgruppen für Yogalehrer.
In allen Bereichen ist es mir wichtig neues Wissen aus den Bereichen Trauma und Neurobiologie zu vermitteln und dieses auch praktisch erfahrbar zu machen.

Seit einiger Zeit bietest du zusammen mit Sunita Ehlers auch Ausbildungen im YIN Yoga an. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen? 

Ich kann mich gar nicht mehr so genau erinnern, wo und wie es seinen Anfang nahm. Wir beide unterrichten online und ich glaube wir haben uns auf einem Online Kongress für Yoga oder Achtsamkeit kennengelernt. Und dann irgendwann hatte Sunita mich gefragt ob ich nicht Lust auf eine Zusammenarbeit hätte und da habe ich dann ja gesagt. Und so ist über die Jahre eine wertvolle Zusammenarbeit gewachsen.

Was ist das besondere an YIN Yoga für dich? Wie bist du selber mit YIN Yoga das erste Mal in Kontakt gekommen?

Ich glaube, das Wichtige im Yin Yoga, so wie ich es kennengelernt habe, ist dass es kein richtig oder falsch gibt. Es ist viel mehr die Frage, wie ich mich in den einzelnen Haltungen abhole und mir diese passend gestalte, so dass ich loslassen und in mir ankommen kann. Jeder Körper ist so individuell. Und um achtsam und wertschätzend mit dem Körper umzugehen, braucht es einen individuellen Ansatz und wertfreien Dialog mit dem Körper für mich als Praktizierende aber auch als Lehrerin. Der Bezug des Yin zur TCM und Faszienlehre macht es für mich lebendig und praktikabel. Denn Beides ist auch lebendig – unsere Faszien sind nicht nur Gewebe. Sie sind ein kommunizierendes und verbindendes Netzwerk, welches uns zusammenhält, in Bewegung bringt und nährt. Und genau, dass ist die TCM für mich auch. Sie hat einen unglaublichen Schatz an Wissen und umfasst den Körper in seiner Ganzheit und ist zudem an der Gesunderhaltung und Einheit des Körpers und Psyche orientiert. Und genau so betrachten wir den Körper auch in der somatischen Arbeit, aus der ich komme – nämlich als komplexe und lebendige Einheit. Und mein erster Kontakt mit dem Yin Yoga war auf der indonesischen Insel Gili 2010. Da erzählte mir eine Mitreisende von dem „neuen“  Yoga. Und praktisch konnte ich es dann auf Bali im Yoga Barn „geniessen“. Ich schreibe geniessen in Anführungszeichen, denn diese Stunden waren eine große körperliche Herausforderung für mich. Doch das Körpergefühl danach war für mich der Grund am Ball zu bleiben und es hat sich gelohnt. 

Hier habe ich übrigens einen kleinen Blogartikel über meinen Yin Weg
geschrieben:

https://diegesundheitspraxis.net/2022/03/01/yinsight-wie-ich-auf-den-yogaweg-kam/

Was ist das Besondere für dich andere zu unterrichten?

Ich glaube es ist verbunden mit dem eigenen Wunsch nach Selbstständigkeit und selfempowerment. Denn etwas selbst verändern oder gestalten zu können, sind für mich wesentliche Charakterzüge von Heilung und ganzheitlicher Gesundheit. Und diesen Moment im Unterricht beobachten zu können, wenn sich Menschen mit ihrer eigenen Kraft und inneren Weisheit verbinden, ist für mich immer wieder bewegend und inspirierend. Und wenn wir bei uns selbst ankommen, einkehren, zur Ruhe kommen – entsteht wieder Raum in uns und andere. Und das finde ich einfach großartig. Wir werden nicht nur zur eigenen Ressource sondern können auch anderen stärkend und reguliert beiseite stehen.
Ich finde wir leisten so einen unglaublich wertvollen Beitrag für die Welt, in dem ich mich gut um mich kümmere und lerne anzunehmen, entsteht mehr authentische und emphatische Begegnung mit anderen Menschen.

Und die letzte Frage: wie sehen deine Pläne für die nächste Zeit beruflich aus?

Ich denke ich möchte gern etwas mehr frischen Wind in die Yoga- und Bewegungsszene bringen. Mir fehlen immer noch Ansätze in der Vermittlung von Bewegung und Ausbildung von Yogalehrern, die körpersensibel sind und dass nicht nur in Bezug auf Schmerzen sondern auch auf andere Traumafolgen. Ich finde, dass der Hauptschwerpunkt in den Teacher Trainings immer noch auf den Yogahaltungen liegt und Kollegen halten oft krampfhaft an Ausrichtungsprinzipien sowie einem Richtig und Falsch fest. In dem Sinne finde ich es etwas verstaubt und es braucht mehr Raum sich Begriffe und wertvolle Tools aus den Bereichen Propriozeption, Intereozeption oder Autonomes Nervensystem anzusehen. Auch das Thema eigene Körperwahrnehmung als Yogalehrerin finde ich sehr wichtig. Und es geht nicht darum wie ich die Haltungen ausführe sondern wie ich selbst mit mir verbunden bin. Denn in erster Linie bin ich diejenige, die den Raum gestaltet, in der meine Teilnehmer sich wertfrei und wertschätzend entdecken sollen. Yoga ist für mich Bewegung, unser Körper ist Bewegung. Bewegung ist Veränderung. Wenn wir nicht im Dialog mit den Veränderung sind oder mit wachsen – schaden wir den Körper durch regide Anweisungen oder Ansichten. Und ein weiteres Herzensanliegen von mir ist der Wunsch nach einem internationalen Netzwerk und Austausch unter Kollegen im Bereich Somatik und traumasensibles Yoga. Ich liebe es nämlich auch international zu unterrichten. Ich finde diese Arbeit unglaublich bereichernd. Denn ich finde, wir können alle soviel von einander lernen. Verbindung ist für mich eine ultimative „superpower“ nicht nur im Inneren mit sich selbst sondern auch im Aussen mit Anderen.

Alle Logos, Bilder und Texte mit freundlicher Genehmigung von Rabea Klatt.

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aktualisiert: 13.03.2023